Lucy, die Border-Collie -Hündin ist trotz ihrer Behinderung absolut erfolgreich im Agility-Sport. Allerdings hat sie mich und einige Tierärzte lange täuschen können, bis wir ihre Taubheit entdeckten. Ich holte Lucy im Alter von vier Monaten vom Züchter in Italien ab. Sie war von Anfang an eine sehr lebhafte Hündin, die weder Scheu noch Angst hatte und zu jedem Streich bereit war. Zum Beispiel stahl sie uns immer die Slalomstangen aus den Halterungen als wir den Parcours aufbauten. Lucy sprang grundsätzlich aus dem offenen Autofenster wenn ich mit anderen Hunden trainierte. Für mich stand fest, dass ich sie noch mehr beschäftigen musste und dachte dabei an Obedience. Aber sie schien absolut desinteressiert und trotzdem gab ich nicht auf, obwohl es kaum Erfolge gab. Heute weiß ich warum. Als sie ein Jahr alt war, begann ich mit dem Agilitytraining. Lucy fetzte zwar über die 20 Zentimeter hohen Stangen, aber meine verzweifelten Rufe "ignorierte" sie. Ich beschloss, da Training für 4 Monate zu unterbrechen. Mit dieser weisen Entscheidung taten wir uns beim Neustart etwas leichter. Als sie 16 Monate alt war, starteten wir zum ersten Mal. Es war ein totaler Reinfall. Sie absolvierte einige Geräte, bleib stehen und schaute durch die Gegend, schnüffelte und reagierte auf keinen meiner Zurufe. Einige Sekunden später lief Lucy weiter und wiederholte sich noch einige Male. Beim Slalom lief sie immer vorbei, obwohl sie diesen zu Hause bestens durchlief. Fehler wie Stangen schmeißen, unter der Hürde durch oder vorbei laufen, erwähne ich erst gar nicht. Lucy zeigte deutlich, dass sie überfordert war und mich beschwichtigen wollte - aber warum? Sie liebte Agility doch über alles! Um Hilfe suchend ging ich zum Tierarzt, mit der Vermutung, dass sie schlecht hören könnte. Der Tierarzt konnte nichts feststellen, also versuchte ich noch einige Starts und fasste dann den Entschluss, sie einige Zeit aus dem Turniergeschehen heraus zu nehmen. Als Lucy zwei Jahre alt war, nahmen wir den Wettkampf wieder auf. Natürlich spielte sie wieder den Pausenkasperl, eine Dis nach der anderen waren vorprogrammiert. Ich wollte nicht daran glauben, dass ich beim Training versagt hatte. Noch nie hatte ich einen Hund gesehen, der sich so eigenartig benommen hatte. Auch andere Agilitytrainer bestätigten mir dies. Ich fing an, Lucy so zu akzeptieren wie sie war und startete fleißig weiter. Eines Tages ging Lucy ein Licht auf und sie nahm jedes Gerät in einem Höllentempo und absolvierte den gesamten Parcours - jedoch ohne auf mich zu hören. Bald bemerkte ich, dass sie durch meine Zurufe irritiert wurde, also verwendete ich nur hin und wieder ein Kommando. Aber der Gedanke, dass sie taub sein könnte, lies mich nicht los, obwohl Lucy dies immer geschickt widerlegte. Sogar als ich Heelwork to Music, gemeinsam mit Roy vorführte, stahl sie ihm die Show. Während sie auf ihren Einsatz wartete, lief sie ins Publikum um dort zu spielen. Nur eins muss man ihr lassen, Lucy war immer rechtzeitig zurück, um ihren Teil der Kür vorzuführen. Wie sie das gemeistert hat, bleibt mir bis heute ein Rätsel. Im Januar fuhr ich in die Klinik um endlich Klarheit zu bekommen. Ich wollte eine Audiometrie durchführen lassen. Der Tierarzt machte seine Voruntersuchung und verneinte meine Vermutung. Aber er gab meiner Bitte nach, sie trotzdem untersuchen zu lassen. Nach einer Stunde bekam ich Gewissheit. Lucy ist auf dem rechten Ohr absolut taub und links zu 95%. Sie kann keine Kommandos verstehen und Töne nur, wenn sie sich sehr konzentriert und es rundherum leise ist. Das Geräusch muss laut und prägnant, aber nicht weiter weg als 2 Meter sein. Heute wird mir Lucy's stures Verhalten klar. Sie verdient meine Hochachtung! Seit ich von ihrer Behinderung weiß, klappt es auch bei Obedience, Skateboardfahren und beim Fußball spielen. Wer einen ballverrückten Hund hat, kann sich vorstellen, wie sehr sich Lucy konzentrieren muss. Lucy und ich kommunizieren beim Training mit zwei Gegenständen, somit kann ich ihr verständlich machen, was richtig und was falsch ist. Lucy ist eine der intelligentesten Hunde, die mir je untergekommen sind. Sie hat soviel gelernt, nur um mir zu gefallen. |